Die Zeiten sind bedrückend.
Es ist dunkel. Es wird früh dunkel. Oft ist es auch kalt. Und an den schlimmsten Tagen kriecht die feuchte Kälte auch irgendwann durch die vielen Kleidungsschichten.
Mein Nachrichtenkonsum wird stark reguliert – und doch schlägt er jedes Mal ein tiefes Loch in meine Magengegend. Die Gespräche um mich herum drehen sich häufig um das I-Thema. Oder schlimme Krankheiten, das Klima, die Kriege, die Bedrohung. Und auch ich habe, wenn ich Zeit für mich habe, das Gefühl, mein Körper falle auseinander. Mein Vertrauen zerbröckelt.
Soviele Menschen um mich herum kämpfen mit den unterschiedlichsten Herausforderungen. Kraftlos nach all der langen Zeit. Ich auch. Die aufmunternden Worte bleiben mir inzwischen im Halse stecken. Doch der Versuch meinerseits, zu trösten, bleibt nicht aus. Ich kann es nicht lassen. Aber, ich weiß ja auch nicht. Mir geht es oft sehr ähnlich.
Und doch – wenn ich die Augen schließe, ist alles wieder da:
Es liegt nur gute drei Monate zurück: mein Ankommen im verregneten Irland. Das unerwartete Zusammenkommen mit meiner geliebten Tante. Weit, weit über 80 Jahre alt ist sie inzwischen. Gemeinsam auf eine „Cup of Tea“ sitzen wir vor ihrem geheimnisvollen Cottage, in einem kleinen abgelegenen Ort. Mein Lieblingscousin, sie und ich. Für ihr Sicherheitsbedürfnis sind wir alle mit Masken verkleidet, die nur ganz kurz, für einen Schluck Tee aus der geblümten Tasse, hinunter geschoben werden. Und danach energisch sofort wieder hinauf. Um am Ende des Zusammenseins dann doch komplett zu fallen – für ein gemeinsames Foto! Mein Arm um ihre Schultern. Streichelnd. Sie zu fühlen, sie zu sehen, zusammen zu sein, erfüllt mich mit tiefem Glück. Ein paar Jahre sind seit dem letzten Mal wieder vergangen. So kommt der Gedanke: werde ich sie jemals wiedersehen? Tränen. Lachen. Atmen.
Die irische Luft. Ich kann sie jetzt noch riechen. Die Geräusche – the Sound of Ireland.
Mein Schwimmen im eisigen Meer, mit älteren, irischen Frauen, in einer kleinen Bucht. Jetzt – oder nie. Die Gespräche mit vielen, fremden Menschen und dann doch sofort vertraut. Chatting away.
Das ist alles da, wenn ich die Augen schließe.
Ich fühle mich warm, verbunden und aufgehoben.
In dieser Welt.