Darf ich noch einen kurzen Spaziergang machen, bevor ich mich zum Arbeiten an den Schreibtisch setze? Darf ich während einer wichtigen Besprechung aufstehen und auf Toilette gehen, um einen Moment durchzuatmen? Darf ich mich mittags hinlegen für ein kleines Schläfchen? Darf ich genußvoll ein großes Stück Schokotorte essen?
Darf ich mein Kind eine Stunde später aus dem Kindergarten abholen, um noch in Ruhe in einem Café zu sitzen? Darf ich die Verabredung mit einem Freund kurzfristig absagen, weil mir heute gar nicht danach ist? Darf ich mein Handy für mehrere Stunden oder gar einen ganzen Tag abdrehen? Darf ich das? Was darf ich eigentlich? Und wenn ich es nicht weiß – wer sagt es mir dann?
Wir sind erwachsen. Wie schön! Wir dürfen über die Erfüllung unserer Bedürfnisse und Wünsche selbst entscheiden. Aber das ist oft gar nicht so einfach.
Das, was uns dabei immer wieder in die Quere kommen kann, wenn sich die eigenen Bedürfnisse und Wünsche melden, nennt sich die innere Legitimierung, die innere Erlaubnis. Wie eine von innen kommende Stimme zensiert sie größtenteils unbewusst unsere Wünsche bereits im Ansatz. Oder sie schiebt diese einfach zur Seite, wenn sie nicht in unser Selbst- oder Lebenskonzept passen.
Die innere Legitimierung ist ein weiterer wichtiger Teil der Selbstfürsorge. Die frühen Beziehungserfahrungen beeinflussen den Umgang mit sich selbst und sind maßgeblich an der Ausbildung dieser inneren Stimme beteiligt. Genauso können unsere gegenwärtigen Beziehungen Möglichkeiten zur Selbstfürsorge schenken – oder verwehren.
Auch dann für sich zu sorgen, wenn die Mitmenschen unsere Handlungen und Impulse nicht teilen, abwerten oder sogar ablehnen, ist eine Herausforderung. Unter diesen erschwerten Bedingungen sich dennoch zuzugestehen für sich sorgen zu dürfen und eigene Bedürfnisse zu erfüllen, kann dann allerdings sehr glücklich machen.
Welche Fragen stellst Du Dir innerlich im Alltag, wenn es um Deine Impulse geht? In welchen Situationen wirst Du unsicher wie Du Dich verhalten darfst, wenn Deine eigenen Wünsche sich stärker regen? Was irritiert Dich momentan am meisten?
Ich freue mich auf Eure Gedanken und Schilderungen.
Alles Gute von Vivian Mary Pudelko
Liebe Vivian,
ganz herzlichen Dank für diese Gedanken.
Sich selbst die Erlaubnis zu geben, die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, ist sooo ein wichtiger Schritt, und oft so schwer.
Ich kennen auch den Gedanken „Ich möchte gerne, aber darf ich das auch?“. Die Beschäftigung mit der Selbstfürsorge zeigt mir, dass ich nicht nur darf, sondern dass es unglaublich wichtig ist, dass ich gut für mich sorge, weil ich sonst weder mir noch anderen mehr etwas Gutes tun kann.
Mir hilft, mir vor Augen zu führen, wie es mir geht, wenn ich nicht auf mich aufpasse und das Bewusstsein, dass ich dort nicht hin will.
Herzliche Grüße
Sabine
Liebe Sabine, danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Ja, diese Frage „Darf ich das?“ ist ein ganz wesentlicher Punkt in der Selbstfürsorge und darf uns ein Leben lang begleiten. Ich denke auch, die Langzeitsicht – was, wenn ich mir über lange Zeit sovieles verwehre und nicht an mich selbst denke – kann oft helfen sich der Verantwortung und Dringlichkeit bewusst zu werden, den eigenen Bedürfnissen mehr und mehr Raum im Alltag zu geben.
Alles Gute für Dich! Vivian